Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Unsere Hochschulen müssen sichere Orte sein – das ist unser gemeinsames Ziel“
Für einen respektvollen und wertschätzenden Umgang, gegen Machtmissbrauch: Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen bekräftigen zum Semesterbeginn in einer gemeinsamen Selbstverpflichtungserklärung ihr Ziel, weiterhin konsequent gegen übergriffiges Verhalten vorzugehen. Die drei Landesrektorenkonferenzen der Universitäten, der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und der Kunst- und Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen verständigen sich darin auf konkrete Maßnahmen zur Prävention und Sanktion. Zudem plant das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Schulterschluss mit den Hochschulen eine Gesetzesänderung, um die Rahmenbedingungen für ein entschlossenes Vorgehen gegen Machtmissbrauch weiter zu verbessern.
Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Unsere Hochschulen müssen sichere Orte sein – das ist unser gemeinsames Ziel. Ich freue mich, dass unsere Hochschulen mit der gemeinsamen Erklärung ihre Verantwortung als Lehr- und Forschungseinrichtungen und Arbeitergeber unterstreichen. Machtmissbrauch im wissenschaftlichen Zusammenhang ist kein besonderes strukturelles Problem, sondern individuelles menschliches Versagen. Jeder Einzelfall aber ist ein Fall zu viel. Wir wollen Rahmenbedingungen schaffen, durch die sich ausnahmslos alle Studierenden, alle Forschenden, alle Hochschulangehörigen unseres Landes sicher und respektiert fühlen können.“
Die Hochschulen verpflichten sich in ihrer gemeinsamen Erklärung unter anderem dazu, flächendeckende Betreuungsvereinbarungen für Promotionsvorhaben zu gewährleisten und so die Rechte und Pflichten von Doktorandinnen und Doktoranden sowie deren Betreuerinnen und Betreuern festzuschreiben. In Fällen von Machtmissbrauch sollen Opfer sowie Zeuginnen und Zeugen ermutigt werden, sich zu melden. Beratungsstellen an den Hochschulen sollen noch bekannter gemacht werden. Zudem soll eine unabhängige und hochschultypübergreifende Anlaufstelle für Opfer von Machtmissbrauch geschaffen werden.
Prof. Dr. Johannes Wessels, Rektor der Universität Münster und Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Universitäten: „Machtmissbrauch in der Wissenschaft ist ein gleichermaßen weit verbreitetes wie komplexes Problem, das aus einer Wechselwirkung verschiedener hochschulspezifischer Faktoren und Bedingungen resultiert, wie dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen unterschiedlichen Statusgruppen. Dieses Abhängigkeitsverhältnis ergibt sich insbesondere daraus, dass eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen, Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse bei den Professorinnen und Professoren gebündelt wird. Kennzeichnende Formen und Fälle reichen von willkürlicher Aufgabenverteilung von Vorgesetzten an Mitarbeitende bis zu Vorkommnissen von Nötigung. Um diesem Phänomen zu begegnen, haben die Hochschulen konsequent Maßnahmen entwickelt, woran die heutige Selbstverpflichtungserklärung aufbauend anknüpft.“
Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Präsident der Westfälischen Hochschule und Vorsitzender der Landesrektor_innenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften: „Als Hochschule ist es auch unsere Aufgabe, für das Thema Machtmissbrauch insgesamt zu sensibilisieren und ein Bewusstsein für bestehende Machtgefälle zu schaffen. Wir müssen sicherstellen, dass Studierende und Beschäftigte, die betroffen sind, sich niedrigschwellig und vertrauensvoll an die entsprechenden Anlaufstellen wenden können. Beratungs- und Präventionsangebote werden wir weiter ausbauen und ihre Zugänglichkeit für alle gewährleisten."
Prof. Thomas Leander, Rektor der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf, für die Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen: „Die Kunst- und Musikhochschulen unterstützen die Initiative des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mit großer Überzeugung. In der künstlerischen Lehre sind es vor allem Themen wie die Machtstrukturen im Einzelunterricht oder der Arbeit in Werkstätten, aber auch der Umgang mit Mitarbeitenden beispielsweise in der Korrepetition, die besondere Sensibilität verlangen. Die Kunst- und Musikhochschulen etablieren vor diesem Hintergrund permanent Maßnahmen, um Studierende und Mitarbeitende an den Kunst- und Musikhochschulen in Nordrhein-Westfalen zu schützen und zu stärken.“
Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen wird die unabhängige und hochschultypübergreifende Anlaufstelle für Opfer von Machtmissbrauch unterstützen. Die derzeit diskutierten Eckpunkte der Hochschulgesetznovelle sehen u.a. vor, dass bei der Promotion der Abschluss einer Betreuungsvereinbarung in der Regel verpflichtend werden soll. Um die Lauterkeit des Wissenschaftssystems zu sichern, sollen Promotionen künftig durch unterschiedliche Personen betreut und begutachtet werden. Sachgerechte Ausnahmen sollen weiterhin möglich bleiben.
Das bestehende Arbeits- und Disziplinarrecht trägt bei wissenschaftlichem Fehlverhalten den Besonderheiten des Wissenschaftsbereichs nicht immer Rechnung. Es soll daher durch ein Regelwerk flankiert werden, das auf Verstöße gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis wissenschaftsadäquate Sanktionen bereitstellt.
In ihrer gemeinsamen Erklärung betonen die Hochschulen, dass der Kampf gegen Machtmissbrauch ein kontinuierlicher Prozess sei. Es müsse in dem von asymmetrischen Beziehungen geprägten System der Hochschule auch immer wieder darum gehen, für die dort vorhandenen Machtgefälle und den verantwortungsvollen Umgang damit zu sensibilisieren.
Die Erklärung im Wortlaut findet sich unter: https://www.mkw.nrw/dokument/gemeinsame-erklaerung-der-hochschulen
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