Die Erforschung der Herkunft von Sammlungsobjekten ist bereits in zahlreichen Kulturgut bewahrenden Einrichtungen wie Museen, Archiven und Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen etabliert. Mit der Neugründung der „Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen“ (KPF.NRW) richtet die Landesregierung nun gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) einen zentralen Knotenpunkt ein, an dem künftig die verschiedenen Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Provenienzforschung zusammengeführt werden sollen. Die drei Kooperationspartner stellen für die KPF.NRW für zunächst drei Jahre insgesamt 1,2 Millionen Euro zur Verfügung, von denen das Land zwei Drittel trägt. Darüber hinaus fördert das Land die Einrichtung einer weiteren Mitarbeiterstelle und eines ergänzenden Promotionsstipendiums zum Thema an der Universität Bonn, hierfür werden bis 2023 weitere rund 283.000 Euro bereitgestellt werden. Die beiden korrespondierenden Maßnahmen, also die Gründung von KPF.NRW wie auch die Einrichtung von Mitarbeiterstelle und Stipendium, zielen darauf ab, die Forschung rund um unrechtmäßig entzogene Kulturgüter besser zu koordinieren und das vorhandene Netzwerk zu stärken. „Die Gründung der KPF.NRW ist ein wichtiger Schritt für die Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen. Im Zusammenspiel mit der Universität Bonn sorgen wir damit für eine feste Verankerung des Forschungsfelds und stellen es im Sinne der Vernetzung nachhaltig auf. Das ist dringend notwendig, um unserer Verantwortung umfassend nachzukommen, die wir gegenüber Opfern des NS-Regimes, ihren Familien und Nachkommen haben. Bei der Bewältigung dieser Aufgabe wird die KPF.NRW in Zukunft betroffenen Einrichtungen als verlässliche Koordinationsstelle unterstützend zur Seite stehen“, sagte Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Die KPF.NRW wird in Bonn beim LVR-LandesMuseum angesiedelt und fungiert als Zentralstelle, an der Informationen rund um die Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen gesammelt und sichtbar gemacht werden. Ziel ist eine stärkere Transparenz und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen, die Verknüpfung von Einzelprojekten sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Forschung im Land. Die Koordinationsstelle wird zudem Mitarbeitende von Kultureinrichtungen beraten und vernetzen. Sie sollen dabei unterstützt werden, gemäß den Prinzipien der Washingtoner Erklärung von 1998 sowie der gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände aus dem Jahr 1999, NS–verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut zu suchen und eine faire und gerechte Lösung herbeizuführen. Die KPF.NRW wird sich neben dem Arbeitsschwerpunkt zu NS-verfolgungsbedingten Entzügen auch Kulturgutentziehungen in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) sowie der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) widmen. Teil des Aufgabenportfolios sind darüber hinaus Fragen zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Die Koordinationsstelle wird mit Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern entsprechender Disziplinen besetzt und von einem Fachbeirat interdisziplinär begleitet. „Die Einrichtung der Koordinationsstelle geht auf eine Initiative des LVR zurück, dessen LVR-Museumsberatung gemeinsam mit dem LWL-Museumsamt für Westfalen 2017 bis 2019 ein Projekt zur Wahrnehmung der Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen durchführte. Daraus folgte die Empfehlung der Gründung einer Koordinationsstelle. Provenienzforschung ist für Museen, aber auch andere Kulturgut bewahrende Einrichtungen eine Kernaufgabe. Allerdings fehlen dafür häufig die entsprechenden Ressourcen. Künftig werden die Häuser hierbei durch die KPF.NRW unterstützt, die beim LVR-LandesMuseum angesiedelt sein wird“, so LVR Direktorin Ulrike Lubek. „Provenienzforschung ist immer noch Pionierarbeit, das zeigen wir aktuell auch mit der Wanderausstellung ‚Geschichte der Dinge‘ über die Herkunft von Objekten in Sammlungen. In der gemeinsamen Ausstellung mit dem LVR vermitteln wir auch anhand von Alltagsgegenständen nachvollziehbar und spannend die unterschiedlichen Facetten des Themas. Die Koordinationsstelle unterstützen wir unter anderem durch ein wissenschaftliches Volontariat im LWL-Museumsamt“, sagte LWL-Direktor Matthias Löb.
Die vom Land über die KPF. NRW hinaus geförderte wissenschaftliche Mitarbeiterstelle wie auch das Promotionsstipendium an der Forschungsstelle Provenienzforschung, Kunst- und Kulturgutschutzrecht der Universität Bonn soll die universitäre Vernetzung zum Thema weiter vorantreiben. Das Promotionsvorhaben wird in der Provenienzforschung, zu Forschungen zum Kunst- und Kulturgütermarkt bzw. der Geschichte des Sammelns angesiedelt sein und einen engen thematischen Bezug zum Bundesland Nordrhein-Westfalen haben. „Die Forschungsstelle der Universität wurde 2018 gegründet und erfährt nun mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterstelle sowie dem Landesstipendium eine wesentliche Erweiterung. Wir können so den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und Lücken der Kontext- und Grundlagenforschung schließen. Die zusätzliche wissenschaftliche Mitarbeiterstelle ermöglicht künftig eine intensivere Netzwerkarbeit mit anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen bundesweit sowie international“, sagte Prof. Dr. Christoph Zuschlag, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Kunstgeschichte der Moderne und der Gegenwart mit Schwerpunkt Provenienzforschung an der Universität Bonn, der zusammen mit Jun.-Prof. Dr. des. Ulrike Saß und dem Inhaber der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für Bürgerliches Recht, Kunst- und Kulturgutschutzrecht, Prof. Dr. Matthias Weller, die Forschungsstelle leitet.
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