Wissenschaftsministerin Brandes: Wir brauchen die Finanzkraft der EU, um bei der Erforschung solcher Schlüsseltechnologien mitzuhalten
Navigations- und Sicherheitssysteme in Autos, medizinische Ultraschallgeräte und Herzschrittmacher, Smartphones und Computer – überall in unserem Alltag werden Halbleiter-Chips verbaut. Doch inzwischen sind die Anwendungen so komplex geworden, dass das herkömmliche Herstellungsverfahren von Chips, oft auf Basis des Halbleitermaterials Silizium, an seine physikalischen Grenzen stößt. Um extrem hohe Rechenleistungen zum Beispiel für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) zu bewältigen, setzt die Europäische Union auf die Entwicklung einer neuen Generation von Chips, die auf Chiplets beruhen. Davon wird auch der Forschungs- und Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen profitieren: Das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) in Duisburg sowie das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) in Wachtberg erhalten für die Chiplet-Entwicklung eine Förderung in Höhe von 4,3 Millionen Euro vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt wir das nordrhein-westfälische Teilvorhaben von Land, Bund und EU mit rund 30,6 Millionen Euro bis 2029 finanziert.
Die Forschung erfolgt im Rahmen des EU Chips Act mit der Pilotlinie „Advanced Packaging and Heterogeneous Integration for Electronic Components and Systems“ (APECS)”. APECS bündelt die Kompetenzen, Infrastrukturen und das Know-how von insgesamt zehn Partnern aus acht europäischen Ländern, darunter Nordrhein-Westfalen. Über 730 Millionen Euro werden dafür von der EU und den Ministerien der beteiligten Länder bereitgestellt. Damit sollen die Forschungs- und Fertigungskapazitäten für Halbleiter in Europa erhöht und der Transfer aus dem Labor in die Industrie beschleunigt werden.
„Smarte Halbleiterlösungen gehören zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erforschung von KI-Anwendungen und Quantentechnologien. Nordrhein-Westfalen hat mit exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und innovationsstarken Unternehmen die besten Voraussetzungen, einen gewichtigen Beitrag zur Entwicklung der neuen Chip-Generation zu leisten. Wir brauchen die Finanzkraft der EU, um bei der Erforschung solcher Schlüsseltechnologien mit den großen US-Konzernen und China mithalten zu können.“
Die neuen Chiplets sind Miniatur-Bausteine von Chips, die modular zusammengesetzt werden. Jedes einzelne Chiplet ist für eine spezifische Aufgabe optimiert. Am Ende werden mehrere Chiplets zu einem Chip zusammengefügt, der alle gewünschten Funktionen verbindet. Hierfür wird das Advanced Packaging genutzt. Der Vorteil: Die Chiplets können besonders flexibel, kosten- und ressourcenschonend produziert werden. Da sie sich immer wieder zu neuen Chips kombinieren lassen, werden sie dem schnellen technologischen Fortschritt gerecht.
In Deutschland wird die APECS-Pilotlinie von der Fraunhofer-Gesellschaft koordiniert und von der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) umgesetzt. An der FMD sind insgesamt zwölf Insti-tute des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik sowie die zwei Leibniz-Institute FBH (Ferdinand-Braun Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik) und IHP (Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik) beteiligt.
Europa und insbesondere Deutschland verfügt über ein dynamisches Ökosystem aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die eng und vertrauensvoll mit großen, mittleren und kleinen Unternehmen sowie Start-ups kooperieren. Für viele Branchen ist der Zugang zu Spitzentechnologien aufgrund geringer Ressourcen in Europa allerdings begrenzt. Mit der APECS-Pilotlinie wird die Zusammenarbeit im Bereich der Mikroelektronik intensiviert und die globale Wett-bewerbsfähigkeit der europäischen Halbleiterindustrie gesteigert.
APECS-Pilotlinie
Durch die Bereitstellung einer Vielzahl von Technologien soll APECS zum führenden Drehkreuz für die europäische Mikroelektronik werden. Hier werden alle Entwicklungsschritte von A bis Z ermöglicht, von der Innovationsidee aus der Spitzenforschung heraus bis zum kundenspezifischen Produktionsverfahren. Dabei sollen die Integrationstechnologien zum Beispiel so vereinheitlicht werden, dass die Unternehmen fortschrittliche Produkte auch in kleineren Stückzahlen zu konkurrenzfähigen Kosten entwickeln können.
APECS wird von der EU und den nationalen Ministerien der beteiligten Länder kofinanziert. Insgesamt werden in der Pilotlinie 730 Millionen Euro über 4,5 Jahre bereitgestellt. Die deutsche Förderung wird anteilig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein getragen. Auf das Teilvorhaben aus Nordrhein-Westfalen entfallen mehr als 30 Millionen Euro bis 2029. Neben Deutschland sind Österreich (TU Graz), Finnland (VTT), Belgien (imec), Frankreich (CEA-Leti), Griechenland (FORTH), Spanien (IMB-CNM, CSIC) und Portugal (INL) an der pan-europäischen Mikroelektronik-Pilotlinie beteiligt.
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