Immaterielles Kulturerbe: Landesinventar um vier Einträge reicher – fünf Nominierungen für Bundesweites Verzeichnis
Lebendige Traditionen wie Bräuche, darstellende Künste und Naturwissen haben eine hohe Bedeutung für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus. Sie sind Ausdruck und zugleich Motor kultureller Vielfalt, Kreativität und nachhaltiger Entwicklung. Alle zwei Jahre können sich Gruppen, Gemeinschaften und Einzelpersonen um die Anerkennung ihrer Kulturform als Immaterielles Kulturerbe in ihrem Bundesland bewerben. Vier weitere Traditionen werden jetzt neu in das Landesinventar aufgenommen: der Belecker Sturmtag, die klassische deutsche Reitlehre, die Vermittlung des wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbilds in Planetarien und der Zirkus. Damit wächst das Landesinventar auf insgesamt 16 Einträge an.
Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen gratuliert den Trägergruppen der Kulturformen zu diesem Erfolg: „Wir möchten die Anerkennung, Erhaltung und Entwicklung des Immateriellen Kulturerbes sicherstellen. Das Verzeichnis trägt dazu bei, das Bewusstsein für den Wert menschlichen Wissens und Könnens in der Gesellschaft zu stärken und insbesondere auch junge Menschen dafür zu sensibilisieren. Mit der Aufnahme in das Verzeichnis sollen außerdem der Austausch und kritische Diskurs angeregt sowie die Forschung zu den kulturellen Praktiken vorangetrieben werden.“
Die Neuaufnahmen im Auswahlverfahren 2021–23 in das Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes in Nordrhein-Westfalen sind:
Belecker Sturmtag
Der „Belecker Sturmtag“ inszeniert die Verteidigung der Stadt Belecke in der Soester Fehde von 1448. Zum Brauch gehören Böllerschüsse, ein Festumzug und eine Feier für alle Generationen, Alteingesessene, Zugezogene und Gäste. Anliegen sind die Vermittlung eines zeitgemäßen Geschichtsbewusstseins, die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Zusammenhalts und die Mahnung zu Frieden und Gewaltfreiheit.
Die klassische deutsche Reitlehre
Die klassische deutsche Reitlehre ist eine schonende Ausbildungsmethode von Pferden und Reiterinnen und Reitern mit mündlich und schriftlich überlieferten und bewährten Grundsätzen, eigener Fachsprache und klaren Regeln. Sie zielt auf ein harmonisches Zusammenspiel von Tier und Mensch und ein daraus entstehendes Gefühl von Natur-Faszination und Reit-Glück ab. Gewaltfreiheit gegenüber Tier und Mensch in der Ausbildung ist oberstes Gebot und Selbstverständlichkeit.
Vermittlung des wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbilds in Planetarien
Planetarien sind Orte der Bildung, wo Wissen im Bereich der Astronomie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht und weitergeben wird. Sie vermitteln Verständnis für die Naturphänomene am Himmel, für deren Wahrnehmung durch die Menschen im Wandel der Geschichte, für den Aufbau des Universums und den Planeten Erde. Neben Fakten transportieren sie auch Staunen, Wundern, Ehrfurcht und Faszination. Der Besuch von Planetarien kann dazu anregen, selbst aktiv zu werden, z.B. als Amateurastronomin oder Amateurastronom. Die Eintragung in das Landesinventar erfolgt als Gute-Praxis-Beispiel der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes. Das bedeutet, dass die Tätigkeit der Planetarien als Modell für Erhaltungsmaßnahmen dienen kann.
Zirkus
Der Zirkus ist eine eigenständige Form der darstellenden Künste, in der auf außerordentlichen Fähigkeiten und Talenten basierende Darbietungen einem Publikum präsentiert werden. Als Ergebnis eines kreativen Prozesses werden Emotionen und Inhalte vermittelt. Im Zirkus können Elemente anderer Kunstbereiche wie z.B. Theater, Tanz, Musik, aber auch des Sports, der Medien und der Technik aufgegriffen werden. Kritisch reflektiert werden sollen im Zuge der Aufnahme in das Landesinventar die Geschichte des Zirkus‘ hinsichtlich kolonialer Aspekte sowie die Tier-Mensch-Beziehung. Die Einhaltung der geltenden Tierschutzgesetze ist Voraussetzung für die Bezeichnung als Immaterielles Kulturerbe.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat darüber hinaus fünf Kulturformen für die Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes nominiert:
• Bolzplatzkultur,
• die klassische deutsche Reitlehre,
• Steigerlied,
• Vermittlung des wissenschaftlichen, insbesondere astronomischen Weltbilds in Planetarien,
• Zirkus.
Die Bolzplatzkultur ist bereits seit 2018, das Steigerlied seit 2020 in das Landesinventar in Nordrhein-Westfalen eingetragen. Ob die nominierten Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis aufgenommen werden, steht nach weiterer Prüfung auf Bundesebene und abschließender Bestätigung spätestens zu Beginn des Jahres 2023 fest.
Hintergrund der Erstellung der Verzeichnisse auf Landes- und Bundesebene ist die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes, dem die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 beigetreten ist. Das Landesinventar dokumentierte bislang Kulturformen mit ausgeprägtem Landesbezug. Diese Voraussetzung entfiel mit der Auswahlrunde 2021–23, sodass die Fülle von verschiedenen Kulturpraktiken im Land besser abgebildet werden kann. Das nächste Bewerbungsverfahren beginnt voraussichtlich im Frühjahr 2023.
Interessierte können sich jederzeit an die Landesstelle Immaterielles Kulturerbe NRW an der Universität Paderborn wenden (E-Mail: landesstelle[at]ike.upb.de (landesstelle[at]ike[dot]upb[dot]de), Tel.: 05251 605462), um weiterführende Informationen zu beziehen.
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