KULTUR UND WISSENSCHAFT

  IN NORDRHEIN-WESTFALEN

Bessere Orientierung im Studium, Fachkräftesicherung, lebenslanges Lernen! Hochschulstärkungsgesetz stellt Weichen für die Zukunft der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen

11.11.2024

Wissenschaftsministerin Brandes: HG-Novelle schafft den gesetzlichen Rahmen, Studentinnen und Studenten noch erfolgreicher zum Studienabschluss zu führen

Das Interesse an einem Studium in Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor hoch. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der eingeschriebenen Studentinnen und Studenten laut einer Abfrage des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft bei allen Hochschulen auf 702.000 nur leicht zurück (minus 1,1 Prozent). Damit bleiben die Studierendenzahlen insgesamt auf einem hohen Niveau. Gleichwohl sank die Zahl der Erstsemester zum Wintersemester 2024/25 gegenüber dem Vorjahr um 3,2 Prozent auf rund 88.000.

Aufgrund der demographischen Entwicklung und des fehlenden Abitur-jahrgangs 2026 ist davon auszugehen, dass die Studierendenzahlen perspektivisch weiter zurückgehen werden.

Die Hochschulen stehen also in Zukunft vor herausfordernden Rahmenbedingungen. Der jetzt vorgelegte Entwurf des Hochschulstärkungsgesetzes soll frühzeitig die rechtlichen Grundlagen für die Hochschulen verbessern, um die Studentinnen und Studenten noch erfolgreicher zu einem Studienabschluss zu führen und Berufstätigen Angebote für die berufliche Weiterbildung zu machen.


Ministerin Ina Brandes

Angesichts perspektivisch sinkender Studierendenzahlen wird sich die Frage nach der Betreuungsrelation von Studierenden und Dozentinnen und Dozenten in den nächsten Jahren voraussichtlich weniger stellen. Schon jetzt leisten die Hochschulen hervorragende Arbeit bei der Ausbildung dringend benötigter Fachkräfte. Ich bin sicher, mit dem Hochschulstärkungsgesetz werden wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Hochschulen so verbessern, dass es noch erfolgreicher gelingt, Studentinnen und Studenten mit einer guten Betreuung zu einem Studienabschluss zu führen."

Wissenschaftsministerin Ina Brandes

Prof. Dr. Johannes Wessels, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Universitäten in Nordrhein-Westfalen und Rektor der Universität Münster: „Eine Studienorientierungsphase bietet die Chance, den Einstieg in das Studium zu erleichtern, und legt auf diese Weise die Basis für einen erfolgreichen Abschluss. Doch Universitäten sind auch Orte des lebenslangen Lernens. Darauf zahlt die geplante Anerkennung von Microcredentials ein und unterstreicht die Rolle der Universitäten als Trägerinnen hochwertiger wissenschaftsbasierter Bildungsangebote – eine Rolle, die insbesondere mit Blick auf die Fortbildung von Lehrkräften noch stärker zum Tragen kommen muss. Hierfür und für vieles mehr sollte das Hochschulstärkungsgesetz den notwendigen Rahmen schaffen, aber auch weiterhin für ausreichend ‚Beinfreiheit‘ sorgen, damit die Universitäten in der bewährten Autonomie und Flexibilität zur Stärkung eines exzellenten Hochschulstandorts Nordrhein-Westfalen beitragen können."


Zu den großen Herausforderungen der Hochschulen gehört es, Studierende bei der Wahl des für sie passenden Studiengangs zu unterstützen, Wissensdefizite bei Erstsemestern aufzufangen, Abbrecherquoten möglichst gering zu halten und Studierende mit Migrationshintergrund zu integrieren. In Zeiten von großem Fachkräftemangel ist es umso wichtiger, die Studierenden zu erfolgreichen Abschlüssen zu führen.

Bessere Orientierung bei der Wahl des Studienfachs

Die Ausgangsvoraussetzungen von Erstsemestern unterscheiden sich teilweise stark. Mit dem Orientierungssemester soll den jungen Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich fachlich auf das Hochschulstudium vorzubereiten. Zudem soll den Studierenden im so ge-nannten „Nullten Semester“ ermöglicht werden, in einzelne Fächer oder Studienschwerpunkte hineinzuschnuppern, Vorlesungen zu besuchen und sogar Prüfungen abzulegen, um gründlich auszuloten, ob sie das für sie passende Studienfach gefunden haben. Mit mehr Orientierung werden die Chancen für ein erfolgreiches Studium verbessert, und die Attraktivität des Studiums in Nordrhein-Westfalen wird weiter erhöht.

Angebote zur Weiterbildung

Hochschulen sollen nach Empfehlung des Wissenschaftsrates Orte lebenslangen Lernens sein. Sie sind dann sowohl Ausbildungsstätte für Vollzeitstudierende in der Erstausbildung als auch für Berufstätige, die neben ihrer Arbeit berufsbegleitend studieren oder sich weiterbilden wollen. Das Hochschulstärkungsgesetz schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Hochschulen, sich auch zum Anbieter beruflicher Weiterbildung zu entwickeln. Dazu gehört zum Beispiel der Bachelor-Abschluss mit weiterbildendem Charakter, der jetzt gesetzlich klar geregelt wird.

Microcredentials

Für die Qualifizierung von Fachkräften ist es unerlässlich, die Übergänge zwischen Hochschulbildung und beruflicher Ausbildung noch durchlässiger zu machen. Nach dem Entwurf der HG-Novelle können Auszubildende ihre Fachkenntnisse im wissenschaftlichen Bereich mit so genannten Microcredentials erweitern – auch wenn sie keinen herkömmlichen akademischen Abschluss anstreben. Diese persönliche und berufliche Entwicklungsmöglichkeit soll perspektivisch durch einen allgemein bekannten, gesetzlich definierten und anerkannten Nachweis dokumentiert werden können.


Auch die besonderen Erfordernisse der HAWen adressiert der Entwurf des Hochschulstärkungsgesetzes.

Prof. Dr. Bernd Kriegesmann, Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Präsident der Westfälischen Hochschule: „Die anstehende Novellierung des Hochschulgesetzes muss die Chance bieten, die erfolgreiche Entwicklung der HAWen in Nordrhein-Westfalen auch im hochschulrechtlichen Rahmen nachzuvollziehen und weiter zu unterstützen. Hierfür sehen wir vielfältige Ansatzpunkte. So wird es uns mit der Einführung der neuen Stellenkategorie der Nachwuchsprofessur an unseren Hochschulen künftig noch besser gelingen, Fachkräftesicherung auch im professoralen Bereich zu betreiben. Die mögliche Einführung eines Gründungsfreisemesters stärkt den Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb wollen wir uns konstruktiv einbringen, um das Hochschulstärkungsgesetz noch besser an die Anforderungen der HAWen anzupassen.“

Einführung von Nachwuchsprofessuren

Bislang gilt als Berufungsvoraussetzung für Professorinnen und Professoren an HAWen neben der wissenschaftlichen und didaktischen Qualifikation auch umfassende Berufserfahrung von mindestens drei Jahren außerhalb der Hochschule. Besonders in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ist das häufig ein Einstellungshindernis. Der Entwurf des Hochschulstärkungsgesetzes sieht vor, dass Promovierte die notwendige Praxiserfahrung ganz oder teilweise auch während ihrer Hochschultätigkeit erlangen können. Gleichzeitig wird so der Kontakt von (regionalen) Unternehmen zur Hochschule intensiviert und der Wissenstransfer erleichtert.

Gründungsfreisemester

Um Ausgründungen aus den Hochschulen zu vereinfachen, wird die Einführung eines Gründungsfreisemesters angestrebt. Während der Freistellung sollen sich Professorinnen und Professoren auf die Gründung eines Start-ups konzentrieren können. Die mögliche Einführung und die genaue Ausgestaltung des Gründungsfreisemesters soll noch im November im Austausch zwischen Vertretern der HAWen und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft diskutiert werden.


Grenzüberschreitendes Verhalten und Missbrauch von Macht finden in Hochschulen besonders dort ein Einfallstor, wo akademische Karrieren und Exzellenz gefördert werden. Bereits im September hatte das Ministerium für Kultur und Wissenschaft die umfangreichen Regelungen zum Machtmissbrauch und zu Verstößen gegen die Redlichkeit im Referentenentwurf des Hochschulstärkungsgesetzes veröffentlicht.

Weitere Informationen zum Hochschulstärkungsgesetz finden Sie unter: https://www.mkw.nrw/hochschulstaerkungsgesetz 


Prof. Dr. Thomas Grosse, Sprecher der Landesrektorenkonferenz der Kunst- und Musikhochschulen: „Hochschulen sind Orte, die ihre Anziehungskraft aus wissenschaftlicher und künstlerischer Expertise und der damit verknüpften Erwartung auf beruflichen Erfolg beziehen. Aufgrund der damit verbundenen Strukturen sind sie in besonderer Weise gefordert, den Umgang aller Hochschulmitglieder miteinander sensibel zu gestalten und dem Missbrauch von Macht entgegenzuwirken. Dies gilt vor allem dort, wo Exzellenz Arbeitsformen erfordert, die auf individuelle Entwicklung abzielen. Die im Referentenentwurf des Hochschulstärkungsgesetzes beabsichtigten Maßnahmen für ein faires und redliches Handeln sollen ermöglichen, auf Fälle von Machtmissbrauch angemessene Antworten zu finden. Eine sichere Hochschule erhöht die Attraktivität des Standortes und trägt dazu bei, Studierende zu gewinnen und dem Fachkräftemangel zu begegnen.“

Sicherungsmaßnahmen

Mit dem Hochschulstärkungsgesetz werden die Hochschulen in die Lage versetzt, sofort zum Schutz aller Beteiligten zu handeln. Nach der Anzeige eines Missbrauchsfalls wird es künftig zum Beispiel möglich sein, dem mutmaßlichen Täter sofort das Betreten des Gebäudes/des Campus zu untersagen. Das ist keine Bestrafung, sondern zunächst eine reine Schutzmaßnahme, die der Abwehr einer akuten Gefahr dient. Beide Parteien werden getrennt, um dann genau aufzuklären, ob die Vorwürfe zutreffen. Die verletzte Person wird also vor möglichen weiteren Übergriffen ebenso geschützt wie der mutmaßliche Täter vor möglicherweise ungerechtfertigten Anschuldigungen.

Rechtsbeistand, Informations- und Verfahrensrechte für Betroffene

Neben den Schutz- und Sanktionsmöglichkeiten bekommen die verletzten Personen mit der HG-Novelle jetzt auch Informations-, Schutz-, Beistands- und verfahrensbegleitende Rechte. Die verletzte Person kann zum Beispiel den Stand des Verfahrens erfragen, was beim Disziplinarverfahren ausgeschlossen ist. Auch kann sie sich aktiv in das Verfahren einbringen, wenn sie dies will, und beispielsweise Fragen an die beschuldigte Person stellen. Zudem kann die verletzte Person einen Rechtsanwalt als Beistand erhalten, ohne dass sie dessen Kosten tragen muss. Außerdem ist die Einrichtung von Anlaufstellen/Ansprechpersonen vorgesehen, die für die verletzten Personen da sind und keiner Weisung der Hochschule unterliegen.

Der Entwurf der HG-Novelle wurde bereits der Verbändeanhörung zugeleitet. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 wird sich der Landtag mit dem Gesetzesentwurf beschäftigen.